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Anhang:

Anmerkung 4 weist auf zwei Zeitungsabschnitte hin. Sie werden im Folgenden wiedergegeben. Beide entstammen der Wochenzeitschrift „Der Israelit. Ein Centralorgan für das orthodoxe Judentums“, die seit 1860 bis zum Verbot im Herbst 1938 erschien, sie war das bedeutendste Publikationsorgan der deutsch-jüdischen Orthodoxie, durchaus im bewussten Gegensatz zum liberal-reformerischen „Allgemeinen Zeitung des Judentums“, Anmerkung 5 und 6 weisen die Textstellen/Zitate aus. Alle Zeitungen vollständig finden sich vollständig digitalisiert in www.compactmemory.de

1891:

Offenbach, 26. Juni. Das hiesige Schöffengericht hatte sich in seiner heutigen Sitzung mit einer Beleidigungsklage zu befassen, die einen antisemitischen Untergrund hat. Angeklagt sind die Gastwirth Baier Eheleute in Groß-Steinheim, welche um die Fastenzeit einen Wagen durch verschiedene Straßen des Ortes fahren ließen, auf welchem sich zwei aufgeputzte Puppen befanden, die einen dortigen israelitischen Einwohner und dessen Schwiegermutter darstellen sollten. Dabei befand sich ein Plakat mit den Worten „Der Galgen den Wucherern“. Die beiden Israeliten fühlten sich beleidigt und stellten Strafantrag. Die Staatsanwaltschaft nahm, wie dies bei antisemitischen Hetzereien jetzt im Großherzogtum Hessen immer geschehen wird, das Vorhandensein des öffentlichen Interesses an und erhob öffentliche Klage. Die Verhandlung dauerte mehrere Stunden und endete mit Verurtheilung der beiden Angeklagten in einer Geldstrafe von je 60 Mark und in die nicht unbedeutenden Kosten.

„Der Israelit“, Heft 54, 32. Jg.,  vom 09.07.1891, 2. Beilage S.1011, Rubrik: Zeitungsnachrichten und Correspondenzen: Deutschland

1895:

Groß-Steinheim i.H. Vor einigen Jahren noch herrschte hier das roheste Treiben der Antisemiten. Böckel und Genossen wurden mit Jubel begrüßt und durften ihre Hetzreden und Schmähungen gegen die Juden ungehindert an den Tag bringen. In der Hochflut dieses empörenden Treibens bildete sich der hiesige Antisemitische Verein, dessen Devise: „Kauft nicht bei Juden und verkehrt nicht mit ihnen“ war. Die Schreier und Hetzer machten bei dieser Gelegenheit, wie überall, auch hier die besten Geschäfte. Die verhetzten Bewohner unserer Gegend sahen aber bald ein, daß es doch nicht so gut ohne die Juden gehen wollte. Nach und nach lüftete sich der Schleier vor den Verblendeten und am Sonntag den 20 v. M. löste sich der Verein, welcher nur noch aus einigen interessirten Mitgliedern bestand, ganz auf. Daß das Ansehen der hiesigen Juden durch obiges Treiben nicht gelitten, zeigte am besten, das an demselben Sonntag stattgehabte Concert der Schüler unseres Lehrers Herrn Falkenstein, welches sich der regsten Theilnahme auch von Seiten unserer christl. Mitbürger erfreute. Das Concert, welches zum Besten des neubegründeten Synagogenchores veranstaltet, trug dem Leiter desselben Herrn Falkenstein großes Lob ein. Auch am letzten Geburtstage Sr. Majestät unseres Kaisers war es unserm allverehrten Herrn Lehrer Falkenstein beschieden, beim Festaktus des hiesigen Turnvereins, die Festrede mit dem Toaste auf den Kaiser vorzutragen. So haben sich hier die Ansichten geändert und zum Guten und Wahren gewendet. Möchten doch alle Verführten, von schamlosen Schreiern Verhetzten, wie hier, so überall bald zur besseren Einsicht gelangen. Möchten aber auch unsere Glaubensgenossen auf dem Lande doppelt auf ihrer Hut sein, nichts zu vollführen, was öffentliches Ärgernis erregt und Juden in den Augen ihrer andersgläubigen Mitbürger verächtlich machen kann.

„Der Israelit“ Heft 13 vom 14.02.1895; 36. Jg. 2. Beilage ,Beilage, S. 257-258, Rubrik: Vermischtes
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