landvermessung 1805Natürlich votierten die Anwesenden beim Vortrag "Steinheim 1805: Festung oder Abriß? - Monsieur Tranchot vermißt die Stadt" des Heimat- und Geschichtsvereins Steinheim, für den Erhalt der Stadt. Aber es hätte auch historisch anders ausgehen können.  Dr. Dr. Mark Scheibe, Leiter der Historischen Kommission für die Rheinlade 1789-815, verdeutlichte die damaligen militärischen Vorgaben.

Im Frühherbst 1792 gelangte ein französisches Revolutionsheer unter General Adam-Philippe de Custine nahezu ohne Widerstand bis in das Gebiet des heutigen Hessens. Von Darmstadt über Frankfurt, die Wetterau bis an die Lahn hieß es für wenige Wochen „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“.

Zwei wesentliche Ziele verfolgte die junge Republik. Einmal sollten ihre Grenzen verteidigt werden, aber es gab auch das Angebot sich dieser neuen Gesellschaftsordnung anzuschließen. So war das Motto des Feldzuges: „Krieg den Palästen, Friede den Hütten“.

Doch wer herrschen will, braucht genaue Karten. Der Vermessungsingenieur Tranchot wurde in die Region geschickt, um die Region zu kartieren. Scheibe führte als Monsieur Tranchot und den originalen Vermessungsinstrumenten auf kurzweilige Art die Zuschauer 200 Jahre zurück. Erklärte und zeigte, das man nur eine Strecke vermessen muss und dann aufgrund der Winkel das ganze Land kartieren kann.

Das Kurfürstentum Mainz, sowie Frankfurt waren französisch. Gegenüber von Steinheim befand sich die ausländische Festung Hanau. Ob es die Absicht war Steinheim als Ponton zur Festung auszubauen oder die Stadt abzureißen, die 1803 eh durch ein Unwetter fast ganz zerstört war, blieb offen. Die Zuhörer entschieden sich für den Erhalt der Stadt.
steinheim anno dazumal 2017Zum Jahresanfang fand der Heimat- und Geschichtsverein Steinheim den richtigen Einstand. Bei „Steinheim anno dazumal“ war das Steinheimer Familien- und Generationenzentrum voll besetzt. Evelin Weber und Burkhard Huwe führten die Zuhörer in einer virtuellen Wanderung durch die 17 Millionen Jahre währende Geschichte des Stadtteils. Anhand von Luftbildaufnahmen aus den 50er Jahren wurde die römische Besiedlung gezeigt. Da der Main erst zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert sein bisheriges Flussbett einnahm, lagen die Römer und damit auch Klein-Steinheim zum damaligen Zeitpunkt auf „Hanauer“ Gebiet. So erfuhren die Zuhörer auch viele Details, die bei einer Stadtführung nicht gezeigt oder erzählt werden können. Mit vielen Bildern ging es dann vom Mittelalter bis zur Neuzeit durch Klein- und Groß Steinheim weiter. Da es doch eine große Zeitreise war, konnten man sich in einer Pause und danach noch zünftig mit Schmalzbrot stärken.
vortrag3„Er war zwar ein Spieler, Schöngeist und Lebemann“ so Dr. Maria Regina Kaiser, „aber er ist nicht wegen des vielen Weingenusses in Steinheim Ende November 1529 in den Main gefallen und ertrunken“. Beim Vortrag des Heimat- und Geschichtsvereins nahm die Referentin die Anwesenden mit in das Zeitalter der Renaissance. Begnadet lies sie das Leben am Hofe des Papstes Leo X vor dem Inneren Auge der Zuhörer erstehen. Verwob es durch jahrelange Recherchen mit dem Leben von Karl von Miltitzs. Der in Sachsen geboren und in Bologna seinem Studium nachgegangene von Miltitz war bereits in jungen Jahren für die Geschäfte der sächsischen Fürsten am Hofe des Papstes zuständig; vermittelte nach Deutschland Reliquien. Durch günstige Protektion gehörte er bald zur Familia des Papstes. Seiner guten Menschenführung und seiner Connections wegen endsandte ihn der Papst zu Verhandlungen mit Martin Luther.  1518 und 1519 fanden die Gespräche statt. Von Miltitz war den Gedanken Luthers zugetan und versuchte, um eines guten Ausganges bemüht, zu vermitteln. Leider gelang es ihm, trotz der  vermittelnden Schrift „Die Freiheit eines Christenmenschen“, nicht den Papst mit Luther auszusöhnen. Da von Miltitz auch Kanonikus in Mainz war, hatte er auch dort Anwesenheitspflichten. Er wohnte in einem angemieteten Hof in Mainz, war gerne zu Festen in den Schlössern zu Aschaffenburg und Steinheim zu Gast. In Steinheim beendete wahrscheinlich ein Ungeschick beim besteigen der Fähre am Nähefahrtsweg am 20. November 1529 sein Leben. Er fiel in den kalten Main und wurde erst wieder im Januar in Frankfurt angelandet. „Er war sicher auf dem Weg nach Mainz zurück“, so die Historikerin Kaiser, „denn er hatte 35 Goldgulden in seiner Tasche dabei“.

Die Zuhörer konnten den schönen Abend bei einem Glas Wein und einem kleinen Imbiss abschließen. Burkhard Huwe, vom Geschichtsverein versprach sich dafür einzusetzen, dass am Unglücksort zum Andenken an Karl von Miltitz zwei seiner Lieblingsbäume, Kastanien, durch den Verein gepflanzt werden.

karl v miltitz layout 1Am Donnerstag, den 17. November dreht es sich in einem Vortrag von Dr Maria Regina Kaiser nicht um die Protagonisten der Reformation vor 499 Jahren sondern um einen Menschen des friedlichen Ausgleichs. Um 20 Uhr referiert Dr. Kaiser im Marstall Schloss Steinheim über „Mutmaßungen über Karl von Miltitz“. Die Veranstaltung des Heimat- und Geschichtsvereins Steinheim behandelt das Leben des päpstlichen Gesandten, den Überbringer der Papstrose, seine Verhandlungen mit Luther und seinen jähen Tod im Main in Groß-Steinheim im Jahre 1529.

Gäste sind zu der Veranstaltung gerne gesehen. Zur Würdigung des in der Geschichte versunkenen von Miltitz und zum Gedankenaustausch gibt es im Nachgang noch einen Umtrunk.

 

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